Tag der Seltenen in Würzburg

Pressemeldung:

Seltene Krankheiten im Blickpunkt

Würzburg begeht den ersten europäischen Tag der seltenen Krankheit

Würzburg – mit einer zentralen Veranstaltung endete am Freitag, den 29.02. die Würzburger Aktionswoche anlässlich des ersten europäischen Tags der seltenen Krankheit. Dieser neue Awareness-Tag wurde vom Dachverband EURORDIS ins Leben gerufen, um auf die schwierige Situation von Patienten mit seltenen Erkrankungen aufmerksam zu machen.

Im Matthias-Ehrenfried-Haus stellten sich ab 16.00 Uhr neun lokale Selbsthilfegruppen vor, die Patienten mit seltenen Krankheiten und deren Familien betreuen. An kleinen Ständen konnte sich die Öffentlichkeit über Krankheiten wie Lupus Erythematodes, Sarkoidose, Hypophosphatasie (HPP), die Glasknochenkrankheit Osteogenesis Imperfekta oder das Klinefelter-Syndrom informieren und auch Betroffene kennen lernen.

In einer einführenden Ansprache vor etwa 60 interessierten Besuchern zeigte sich Sozialreferent Robert Scheller beeindruckt davon, dass die am Aktionstag beteiligten Selbsthilfegruppen in nur vier Wochen eine solche Veranstaltung auf die Beine gestellt hatten. Im Namen von Schirmherrin OB Pia Beckmann, die aus Termingründen nicht selbst erscheinen konnte, bedankte sich Herr Scheller bei den Organisatoren des Aktionstages sowie den Vertretern der Selbsthilfegruppen für ihr Engagement. Besonders betonte er die herausragende Stellung Würzburgs in der deutschen Selbsthilfeszene. In keiner anderen Stadt gibt es mehr Patientenorganisationen, was sicherlich auch an einer überaus fruchtbaren Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten am Universitätsklinikum Würzburg liegt. Zwei solche Experten waren auch vor Ort und beteiligten sich mit Vorträgen an der Veranstaltung.

Zunächst erläuterte Prof. Tiemo Grimm vom Humangenetischen Institut am Hubland dass eine große Mehrzahl (80%) aller seltenen Krankheiten durch Veränderungen im Erbgut hervorgerufen wird. Diese können entweder spontan auftreten oder vererbt werden – oft über Generationen hinweg, ohne dass es zu einer Erkrankung kommt. Nur in Ausnahmefällen tritt eine solche Krankheit tatsächlich auch auf, dann wird die ärztliche Betreuung zumeist auch durch eine genetische Beratung ergänzt. Ziel dieser Beratung ist es, die betroffenen Familien über die Wahrscheinlichkeit weiterer Krankheitsfälle aufzuklären und sie gegebenenfalls auch bei der Familienplanung zu unterstützen. In seinem sehr anschaulichen Vortrag wies Prof. Grimm darauf hin, dass in vielen Familien Erbgutveränderungen nachzuweisen sind, die allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Erkrankung führen. Insofern seien seltene Erkrankungen ein Thema, das wesentlich mehr Menschen betrifft, als man auf den ersten Blick annehmen würde.

Im Anschluss gab Prof. Hermann Girschick von der Kinderklinik der Universität dem Publikum einen Einblick in seine tägliche Arbeit, in der er auch immer wieder mit seltenen Krankheiten konfrontiert wird. Dabei zeigte er anhand eines Beispiels, welche Überlegungen ein Arzt anstellen muss, um zu einer korrekten Diagnose zu kommen, und wie man in diesem Zusammenhang auch seltene Krankheiten immer im Auge behalten muss. Im weiteren Verlauf ging er vor allem auf zwei Erkrankungen ein, die auch an entsprechenden Infoständen im Saal vorgestellt wurden: Zum einen Lupus Erythematodes, eine entzündliche Erkrankung, bei der sich das Immunsystem der Patienten gegen den eigenen Körper wendet und diesen quasi „aufzufressen“ beginnt (Lupus = lat. Wolf). Ursache ist ein Problem in der Kommunikation zwischen bestimmten Enzymen. Zum zweiten stellte Prof. Girschick die Knochenstoffwechselstörung Hypophosphatasie (HPP) vor, die überaus selten ist und zu unterschiedlichsten Symptomen an Skelett und Schädel sowie an verschiedenen Organen führen kann, was die Diagnose sehr erschwert. Auch hier nimmt Würzburg eine herausragende Stellung ein, da am Universitätsklinikum bereits seit Jahrzehnten HPP-Patienten betreut werden. Inzwischen kommen mehr als 30 betroffene Familien aus ganz Deutschland regelmäßig zu den hiesigen Experten – weltweit die zweitgrößte Patientengruppe überhaupt. Dies sei nicht zuletzt auch der Zusammenarbeit mit der bundesweit arbeitenden Selbsthilfeorganisation HPP Deutschland e.V. zu danken, die ihren Sitz ebenfalls in Würzburg hat.

Vor und nach den Vorträgen hatten die Besucher noch Gelegenheit, sich an den Ständen der Patientengruppen mit Informationsmaterial zu versorgen und den Patienten konkrete Fragen zu den verschiedenen Krankheiten zu stellen. Zum Ende des Aktionstages, der auch schon im Vorfeld von mehreren Krankenkassen mit Infotischen begleitet wurde, zogen die Organisatoren, Ursula Wichtermann vom Selbsthilfebüro Würzburg und Gerald Brandt von HPP Deutschland e.V., ein äußerst positives Fazit. Angesichts der geringen Vorlaufzeit und des schwierigen Themas sei die gesamte Aktion ein voller Erfolg gewesen.

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Sozialreferent Scheller | Prof. Girschick (rechts) und Prof. Grimm

Fotos: G. Schneider

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